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Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: So machen Sie Ihre Website zukunftssicher

Saskia Schlachter | 28. November 2024

Eine Website, die nicht für alle zugänglich ist, schließt Millionen Menschen aus – Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen, motorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen. Genau hier setzt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) an: Es verpflichtet Unternehmen, digitale Angebote wie Websites und Apps bis Juni 2025 barrierefrei zu gestalten.

Doch Barrierefreiheit ist mehr als eine gesetzliche Pflicht – sie ist eine Chance, alle Nutzer zu erreichen und Ihre Online-Präsenz zukunftssicher zu machen. Was das BFSG genau fordert, welche Standards erfüllt werden müssen und wie Sie die Umsetzung erfolgreich angehen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was ist das Barrierefreiheitsgesetz?

Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das auf der EU-Richtlinie (EU) 2019/882 basiert, setzt Deutschland neue Standards für barrierefreie Produkte und Dienstleistungen. Ziel ist es, dass auch Menschen mit Behinderungen diese ohne fremde Hilfe oder Erschwernisse nutzen können.

Das Gesetz, ergänzt durch die Verordnung (BFSGV), legt allgemeine Anforderungen an die Barrierefreiheit fest – etwa die Bedienbarkeit, Wahrnehmbarkeit und Verständlichkeit von Angeboten. Bis Juni 2025 müssen Unternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen entsprechend anpassen.

Das BFSG stärkt nicht nur Inklusion, sondern eröffnet Unternehmen die Chance, neue Zielgruppen zu erreichen und ihre Angebote für alle zugänglich zu machen.

Welche Unternehmen sind betroffen?

Mit dem Gesetz zieht Deutschland nach: Öffentliche Stellen sind bereits seit Jahren verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Doch ab dem 29. Juni 2025 gilt dies auch für zahlreiche Produkte und Dienstleistungen, die von Unternehmen bereitgestellt werden – insbesondere im B2C-Bereich.

Relevanz für private Unternehmen

Das BFSG richtet sich vor allem an Unternehmen, die Dienstleistungen oder Produkte direkt an Verbraucher anbieten. Für B2B-Geschäfte sind die Vorgaben hingegen nur relevant, wenn die Angebote erkennbar auch für Endverbraucher genutzt werden können.

Es gibt verschiedene Produkte/Dienstleistungen die unter das Gesetz fallen. Für Anbieter im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs bedeutet dies, dass Websites, Apps und andere digitale Plattformen so gestaltet werden müssen, dass sie von Menschen mit Behinderungen ohne zusätzliche Hürden genutzt werden können.

Prüfen Sie jetzt, ob Ihre Website von den Anforderungen des BFSG betroffen ist!

Welche Websites sind betroffen?

Websites unterliegen den Regelungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG), wenn sie folgende Kriterien erfüllen:

  • Angebot richtet sich an Verbraucher

    Informationen über Produkte/Dienstleistungen, z. B. Online-Shop

  • Interaktion ist möglich

    Buchungen, Zahlungen oder ähnliche Funktionen, z. B. Terminvereinbarungen

Ausnahmen

Kleinstunternehmen können unter bestimmten Voraussetzungen von den Regelungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) ausgenommen sein. Dies gilt jedoch nur, wenn alle folgenden Kriterien erfüllt sind:

  • Mitarbeiteranzahl:

    Weniger als 10 Beschäftigte

  • Jahresumsatz oder Jahresbilanz:

    Höchstens 2 Millionen Euro

Wichtig: Wenn auch nur eines der Kriterien nicht erfüllt wird, unterliegt das Unternehmen den Anforderungen des BFSG.

  • Tipp zur Umsetzung:

    Lassen Sie von einem Rechtsbeistand prüfen, ob Ihr Unternehmen tatsächlich von den Regelungen ausgenommen ist. Dies schützt vor rechtlichen Konsequenzen und sorgt für Klarheit.

Anforderungen an barrierefreie Websites

  1. Maßnahmen für barrierefreie Website umsetzten

    Die Umsetzung sollte sich an anerkannten Standards wie den WCAG oder der deutschen BITV orientieren. Diese Leitlinien helfen, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen und Inhalte technisch barrierefrei zu gestalten.

  2. AGB Informationspflicht

    Unternehmen, die unter das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) fallen, sind verpflichtet, wichtige Informationen zu ihren Dienstleistungen barrierefrei zugänglich zu machen – auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Dazu gehört, verständlich zu beschreiben, wie die Dienstleistung genutzt werden kann und welche Barrierefreiheitsstandards erfüllt werden. Ziel ist es, allen Verbrauchern, einschließlich Menschen mit Behinderungen, den Zugang zu Informationen zu erleichtern.

Standards für barrierefreie Websites

  • Ist ein Shop auch per Tastatur anstatt per Maus bedienbar?
  • Sind ausfüllbare Formularfelder verständlich beschriftet und erklärt? → WP Forms
  • Ist die Textgröße änderbar?
  • Sind Zeichen- und Zeilenabstände ohne Verlust von Inhalt anpassbar?
  • Sind multimediale Inhalte untertitelt?
  • Sind multimediale Inhalte pausier-, beend- und ausblendbar?
  • Sind Überschriften und Beschriftungen aussagekräftig und verständlich?
  • Sind interaktive Elemente (beispielsweise Buttons, Schaltflächen, Menüs) durch assistive Technologien auslesbar?

Richtlinien

WCAG 2.2 Web Content Accessibility Guidelines

Die WCAG beschreiben Richtlinien zur Barrierefreiheit von Websites, Apps und digitalen Inhalten. Dabei wird in verschiedene Stufen unterteilt

A → grundlegende Anforderungen (Funktionen barrierefrei), sollten unbedingt erfüllt werden

AA → meist gesetzlich vorgeschrieben (wie hier BFSG)

AAA → optimal für max. Barrierefreiheit - nicht für jede Website praktikabel 

BITV 2.0 

Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) regelt in Deutschland die digitale Barrierefreiheit für öffentliche Stellen wie Behörden, Schulen und Bibliotheken. Sie legt fest, dass Websites und digitale Anwendungen so gestaltet sein müssen, dass sie für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind.

Die BITV orientiert sich an den internationalen WCAG -Richtlinien und fordert die Einhaltung der Stufen A und AA. Damit sorgt sie für eine einheitliche Grundlage, um Barrieren im digitalen Raum abzubauen und Teilhabe zu ermöglichen.

Stichtag

Ab dem 28. Juni 2025 müssen alle Inhalte, die online neu veröffentlicht oder verfügbar gemacht werden, den Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) entsprechen. Für ältere Inhalte gelten teilweise Übergangsregelungen bis Mitte 2030 oder in besonderen Fällen auch darüber hinaus.

Besonderheiten für Websites

  • Videos und Dokumente:

    Inhalte wie PDF-Dokumente oder YouTube-Videos, die vor dem Stichtag veröffentlicht wurden, müssen nicht zwingend nachträglich barrierefrei gestaltet werden.

  • Interaktive Elemente:

    Anders verhält es sich bei interaktiven Bereichen wie Kontaktformularen oder dem gesamten Bestellprozess – diese müssen unabhängig vom Veröffentlichungsdatum barrierefrei nutzbar sein.

Kontrolle

Die Verantwortung für die Einhaltung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) liegt bei den Marktüberwachungsbehörden der jeweiligen Bundesländer. Diese sind zuständig für die Prüfung, ob Unternehmen die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen.

Was passiert bei einem Verstoß?

  • Frist zur Nachbesserung: Bei einem festgestellten Verstoß erhalten Unternehmen zunächst eine Frist, um die Mängel zu beheben
  • Sanktionen: Wenn die Anforderungen nicht innerhalb dieser Frist umgesetzt werden, können Bußgelder oder weitere Strafen verhängt werden

Unklarheit bei der Prüfung: Wie genau die Einhaltung geprüft wird, ist bislang nicht endgültig festgelegt. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig an bestehenden Standards wie den WCAG und der BITV orientieren, um auf der sicheren Seite zu sein.

Prüfmethoden

Die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen kann durch verschiedene Tools und Tests überprüft werden. Hier stehen sowohl kostenlose Prüfsoftware als auch professionelle Tests mit Prüfsiegel zur Verfügung:

Kostenlose Tools für eine erste Einschätzung

  1. WAVE Web Accessibility Tool: Automatische Analyse
  2. Accessibility Checker: Schnelle Überprüfung
  3. BIK Selbstbewertung: Leitfaden für eine manuelle Einschätzung durch Websitebetreiber

Wichtig: Diese Tools liefern nur eine grobe Einschätzung, da sie von Laien ausgeführt werden und keine tiefgehenden Analysen bieten.

Professionelle Tests für rechtskonforme Sicherheit

BITV-Test: Detaillierte Prüfung von Experten nach BITV- und WCAG-Kriterien.

  • Ergebnisse: Entweder ein Prüfsiegel (bei Konformität) oder konkrete Änderungsanforderungen
  • Kosten: ab 400 €, je nach Umfang des Tests

Für eine erste Einschätzung bieten kostenlose Tools eine praktische Möglichkeit, offensichtliche Probleme zu identifizieren. Wer jedoch rechtskonforme Sicherheit benötigt, sollte auf professionelle Prüfungen setzen – besonders, um sich gegenüber den Marktüberwachungsbehörden abzusichern.

Fazit

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) betrifft zunehmend alle Unternehmen mit digitalen Angeboten. Für Sie als Unternehmer bedeutet dies nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch eine Chance, Ihre Reichweite zu vergrößern und Ihre Online-Präsenz für alle Nutzer zugänglich zu machen. Eine frühzeitige Anpassung an die WCAG und BITV hilft, rechtliche Risiken zu vermeiden und sorgt gleichzeitig für eine bessere Benutzererfahrung. Indem Sie Ihre digitalen Inhalte barrierefrei gestalten, positionieren Sie sich als verantwortungsbewusstes und zukunftsfähiges Unternehmen.

 

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